Das Kohlschütter-Syndrom (gelegentlich auch Kohlschütter-Tonz-Syndrom) gehört zu den Stoffwechselerkrankungen. Es heißt
Kohlschütter-Syndrom, weil ein deutscher Arzt namens Kohlschütter in den
70er-Jahren eine Familie mit vielen Kindern aus der Schweiz untersuchte, von
denen mehrere an epileptischen Anfällen und einem Zahnschmelzdefekt litten.
Daraus resultierte die erste Veröffentlichung über diese Krankheit.
Inzwischen hat sich die Bezeichnung "Amelo-zerebro-hypohidrotisches Syndrom" in
der Wissenschaft etabliert.
Es gibt wenige Informationen über diese Krankheit, im Folgenden ist eine
kleine Auswahl der Aufsätze und Einträge auf Websites gelistet::
Wir sind eine Familie mit drei
Kindern, von denen zwei am Kohlschütter-Syndrom erkrankt sind. Die erkrankten
Kinder sind mittlerweile erwachsen und infolge der Erkrankung
schwerstbehindert. 1996 haben wir eine Tochter, Miriam, bekommen, die
diese Erkrankung glücklicherweise nicht hat.
Bislang gibt es keine
Untersuchungsergebnisse, die einen Hinweis darauf erbringen, was im Stoffwechsel
der Kinder fehlt bzw. nicht funktioniert. Die Kinder werden „gesund“ geboren und
entwickeln sich zunächst altersentsprechend. Sie bringen einen angeborenen
Zahnschmelzdefekt mit, der mit Erscheinen der ersten Zähne zutage tritt. Der
Krankheitsbeginn ist sehr abrupt
und heftig. Das gestern noch scheinbar gesunde Kind zeigt plötzlich mehrere
Grand-mal Anfälle und entwickelt eine therapieresistente Epilepsie. Unter dem
heftigen Anfallsleiden kommt es zu einem rapiden Abbau der erlernten Fähigkeiten
und Kognitionen. Die Folge ist eine schwerste Behinderung.
Die Krankheit zeigt alle Merkmale und den typischen Verlauf degenerativer
Stoffwechselerkrankungen.
Aktuell: Zwei Ärzteteams aus London und Heidelberg haben von uns Blutproben der gesamten
Familie für ein Gen-Screening erhalten; man hofft dadurch, das betroffene Gen lokalisieren
zu können.
Marvin wurde am 01.05.1988 als gesunder Junge geboren. Seine Entwicklung war zunächst unauffällig,
wenngleich er auch ein sehr unruhiges Baby war. Mit 8 ½ Monaten setzte der erste Grand-mal Anfall ein.
Für uns als Eltern war dieser Anfall nicht als epileptischer Anfall zu erkennen, sehr bedrohlich und wir
hielten es für einen Fast-Plötzlichen Kindstod (NSID). Es folgte ein längerer Krankenhausaufenthalt, von
dem wir mit der Diagnose „Epilepsie“ entlassen wurden. Im Folgenden erlebten wir ein ständiges Pendeln
zwischen zu Hause und Krankenhäusern und ein Ausprobieren verschiedener Medikamente. Zeitweise und über
Wochen hatte Marvin trotz Medikamenten 25 bis 40 Grand-mal Anfälle pro Tag. Es war ein Wunder, dass er
überlebte. In den anfallsfreien Phasen hatte er immer wieder Sitzen, Spielen und an der Hand laufen gelernt.
Nach dem letzten langen Aufenthalt in der Neurologie und heftigstem Anfallsgeschehen blieben diese Fähigkeiten
bis heute erloschen.
Im November 1989 bekamen wir ein schwerstbehindertes Kind mit nach Hause, für das die
Ärzte keinen Funken
Hoffnung mehr hatten. Marvin war sehr spastisch geworden, konnte nicht mehr sitzen, nicht mehr schlucken und
schrie jeden Tag mehrere Stunden lang, ohne dass wir ihn beruhigen konnten. Er schien die Welt um sich herum
nicht mehr wahrzunehmen oder begreifen zu können.
Durch verschiedenste Therapien (die ganze Palette von Vojta, Bobath, SI, Castillo-Moralis) und durch ständige
Ansprache und Berührung haben wir uns bemüht, Marvin unserer Welt wieder zugänglich zu machen. Gleichzeitig
haben wir in Eigenverantwortung und nach Rücksprache mit den Neurologen begonnen, ganz langsam alle
Antiepileptika, die uns eher schädigend als wirksam erschienen, auszuschleichen. Zeitgleich wurde Marvin in
homöopathische Behandlung gegeben.
Marvin war ein charmanter Junge mit schwersten Behinderungen, der die Gesellschaft der
Menschen um sich herum genießen konnte und dabei sehr ausgeglichen und zufrieden wirkte.
Er hatte zeit seines Lebens epileptische Anfälle, mal mehr, mal weniger, er und wir lebten damit. Marvin
wurde am Kinderneurologischen Zentrum in Düsseldorf
betreut. Neben der Schulmedizin stützten wir Marvins Gesundheit durch Homöopathie
und energetischem Heilen
(nach Horst Krohne).
Am 3. April 2010 starb Marvin an den Folgen einer Lungenentzündung zu Hause.
Theresa wurde am 25.02.1990 als gesundes Mädchen geboren. Tessi war ein Bilderbuchbaby und sehr unkompliziert.
Natürlich haben wir ihre Entwicklung genau beobachtet. Wer einmal erlebt hat, wie ein gesundes Kind über Nacht
zu einem schwerkranken mutiert, kann sich von diesem Schock nicht mehr freimachen. Tessi hatte mit 9 Monaten im
Rahmen eines 3-Tage-Fiebers einen Fieberkrampf und wurde daraufhin in der Neurologie durchgecheckt, zumal sie ja
einen erkrankten Bruder hatte. Das Ergebnis war beruhigend und das Kind ohne Befund. Als Tessi 1 Jahr alt war,
waren auch wir sicher, dass sie außer Gefahr war. Tessi war ein sehr freundliches und kontaktfreudiges Baby.
Sie lief an den Möbeln und an der Hand und brabbelte im Babytalk (Mama, Papa, Wawa,
Auto etc.) Mit 13,5 Monaten begann Tessi ebenfalls zu krampfen. Auch ihre Epilepsie ist therapieresistent. Innerhalb eines halben Jahres hatte
sie so stark abgebaut, dass sie nur noch auf dem Bauch liegen konnte und versuchte ihren Kopf auf etwas Hartes
zu schlagen, um sich selbst wahrzunehmen. Auch Tessi schrie jetzt viele Stunden am Tag ohne dass ihr Schreien zu
beeinflussen war. Wie schon bei Marvin, so bekam auch Tessi verschiedenste Therapieangebote.
Erst nach ihrer Erkrankung begannen unsere Ärzte nach genetischen Ursachen zu suchen.
Wir stellten 1993 Marvin und Tessi
auf einem Neuropädiaterkongress in Göttingen vor. Der anwesende Professor
Kunze, ein Humangenetiker, konnte sich an den Artikel des Herrn Kohlschütter
erinnern, und so hatten wir vier Jahre nach Marvins Erkrankung einen Namen für
das über uns hereingebrochene Schicksal: "Kohlschütter-.Syndrom" (wird
gelegentlich in der Literatur auch Kohlschütter-Tonz-Syndrom genannt.) .
Theresa ist heute eine erwachsene junge Frau. Während der Pubertät haben wir trotz
der Schwere ihrer Behinderung die Launen einer Pubertären über uns
ergehen lassen müssen. Tessi ist insgesamt motorisch etwas besser als ihr Bruder, sitzt im Rollstuhl, trainiert im Stehständer. Auch sie hatte
lange Zeit viele schwere Anfälle. Ihre Anfälle haben vor einigen Jahren
plötzlich aufgehört.
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13.07.2021